Weinkollegs 2019
Zum letzten Weinkolleg des Jahres haben sich am vergangenen Samstag 18 Vinothekare und Gäste in der Weingärtnergenossenschaft Stromberg-Zabergäu in Bönnigheim eingefunden. Eingeladen hatte Thomas Eberbach, der in Bönnigheim verantwortliche Fachmann für Önologie und Weinbautechnik. Begleitet und unterstützt wurde er bei seinem ersten Weinkolleg vom langjährigen früheren stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Weingärtner Stromberg-Zabergäu, Wolfgang Händel. Als schöne Geste empfanden die gespannten Zuhörer den Begrüßungssekt im Präsentations- und Verkaufsraum der WG, bevor alle zu den Barriquefässern in den deutlich kühleren Keller hinabstiegen.
Die Erfolgsgeschichte eines Spitzenproduktes, des Signum I und des Signum II umriss Eberbach mit einem kurzen geschichtlichen Rückblick, der noch vor das Jahr 1989 zurückreichte, in welchem der Signum erstmals als „deutscher Qualitätswein“ bezeichnet werden durfte. Schon 1986 wurden die ersten 2600 Flaschen abgefüllt und in einer kleinen aber feinen Präsentation im Schwanen in Ochsenbach von den Verantwortlichen verkostet. Wolfgang Händel hob in seinen Ausführungen deutlich darauf ab, dass weder die Ernten noch die Herstellung der damaligen Spitzenweine mit den heutigen Verfahren vergleichbar gemacht werden könnten. Wohl seien auch damals die Trauben aus verschiedenen großen Lagen für das Aushängeschild der WG verwendet worden, was ein großer Vorteil für die Qualitätssicherung ist. Jedoch könne die Akribie mit der heute das Lesegut vorsichtig von Hand in die einzelnen Kisten gelegt werde, nachdem nahezu „mit der Pinzette“ jede einzelne Traube von einzelnen, möglicherweise angefaulten Beeren befreit wurde, nicht mit der „Eimerlese“ von 1986 verglichen werden. Kein Saft darf heute in der Kiste sein. Unverletzt müssen die Trauben in den Keller gelangen. Wurde damals noch mit dem Erhitzungsverfahren gearbeitet, wird heute - seit 2004/05 - ausschließlich auf der Maische vergoren. Allerdings kostete damals eine Flasche Signum immerhin auch schon stolze 19,90 DM. In den ersten Jahren bereits wurde der Signum II ins große Holzfass gelegt und der Signum I brachte der Genossenschaft den Titel ein: „Erste Genossenschaft, die einen Lemberger ins Barriquefass“ legt. Zunächst allerdings nur neun Monate, heute sind es 18 Monate. Sehr stark verändert hat sich auch die deutliche Ertragsreduktion dieser Spitzentrauben auf max. 60kg pro Ar.
Immer schon waren die Verantwortlichen der Kellerei darauf bedacht, das Niveau der Qualität nicht nur zu halten, sondern stetig erhöhen. Es gab Jahre, da war der Ertrag unter 40kg/Ar, aber auch Jahre, in denen die Qualität so gering war, dass kein Signum produziert werden konnte. Das machte den Signum weit über die Mainlinie hinaus zu einem hochwertigen Markenzeichen der Weingärtner Stromberg-Zabergäu. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Signum I des Jahrgangs 2016 in diesem Jahr der Genossenschaft den höchsten Staatsehrenpreis „Großes Gold“ in Berlin einbrachte. Von diesem dunkelroten Funkeln im Glas und den beerig-würzigen Aromen und dem eleganten, langanhaltenden Abgang konnten sich die gebannten Zuhörer persönlich überzeugen, nachdem zuvor ein leichterer Signum II die Geschmackknospen geweckt und ebenfalls überzeugt hatte. Als abschließenden Hochgenuss präsentierten die Gastgeber noch einen Signum I von 2006, der die Fähigkeit des Lembergers zur langen Lagerung und Entwicklung in der Flasche bewies, jedoch nicht zum Spitzenjahrgang von 2011 – da waren sich alle Weinkenner einig - aufschließen konnte. Wohl denen, die diesen Jahrgang noch im Keller haben! Mit großem Applaus und freundlichen Dankesworten des Stellvertretenden Vorsitzenden der „Freunde der Vinothek“, bedankten sich die Gäste bei Thomas Eberbach und Wolfgang Händel für dieses besonders gelungene Weinkolleg zum Jahresausklang 2019.
Text und Fotos: Hannelore Tiedke
Unsere Vinothekarin und Weinerlebnisführerin Regine Jung referierte im Oktober-Weinkolleg über den „Weinbau in Europa“. Anschaulich unterstrichen wurde der Theorieteil durch drei leckere Weinproben. In drei Abschnitten behandelt die Referentin zunächst die europäischen Weingesetze, danach wurde ein wenig Weingeschichte vertieft und im Anschluss daran ging es um das Klima.
Begonnen wurde die Reise durch Europa mit einem Schaumwein. „Schaumwein ist der Oberbegriff für viele prickelnde Getränke, wie Sekt, Champagner, Cremant, Cava, Prosecco und andere“, so die Referentin. “Sind die Schaumweine landes- oder regionentypisch, so sind ihre Namen geschützt. Ein Champagner darf nur mit Trauben aus der Champagne hergestellt werden, ein Cava kommt immer aus Spanien und der Prosecco ist ein Italiener.“ Als Probe wurde hierzu ein Schaumwein gereicht, der typisch für sein Land ist, aus diesem Grund ist auch der Name geschützt. Die Auflösung, woher die Proben kommen, sollte erst am Ende des Weinkollegs bekanntgegeben werden, so dass die Gäste Zeit zum raten hatten.
„Die Weinmarktverordnung der EU von 2008“, so Regine Jung weiter, “sieht eine Harmonisierung des Weinmarktes vor und unterscheidet demnach zwischen Wein mit geschützter geografischer Herkunft und ohne geschützte geografische Herkunft. Das entspricht weitestgehend dem romanischen Weinrecht. Das germanische Weinrecht, vor allem in Deutschland und Österreich angewandt, hat bisher nach der Qualität der Trauben unterschieden, heißt, je mehr Mostgewicht (Öchsle), desto besser der Wein. Heute wird unterschieden nach:
1. Wein ohne Angabe der Rebsorte und der Herkunft, was dem früheren Tafelwein entspricht,
2. Wein mit geschützter geografischer Herkunftsangabe, dem bisherigen Landwein. Diese Kategorie macht ca. 85 % unserer Weine aus.
3. Wein mit geschützter Ursprungsbezeichnung, was dem Qualitäts- oder Prädikatswein entspricht und ausschließlich aus dem genannten Gebiet seine Trauben bezieht. Bisher hatten diese Weine die Bezeichnung AOP oder DOP, was die höchste Qualitätsstufe von Weinen mit kontrollierter Herkunft bezeichnet.“
Bevor es im zweiten Teil um die Weingeschichte ging, wurde den Gästen und Zuhörern ein Weißwein gereicht, der aus einem Gebiet mit heißen, trockenen Sommern und langen kalten Wintern kommt. Er wird im Schwemmland eines Flusses angebaut. Auch dieses Rätsel wurde erst am Ende aufgelöst.
„Weltweit gibt es zwei wichtige Weinbauzonen“, referierte Regine Jung weiter, „auf der nördlichen Halbkugel zwischen dem 40. und dem 50. Breitengrad und auf der südlichen Halbkugel zwischen dem 30. und dem 40. Breitengrad. Weltweit sind ca. 7,5 Millionen Hektar Rebflächen verbaut, davon ca. 4,1 Millionen Hektar in Europa. Europa produziert den größten Anteil an Wein weltweit, was an seinem geschichtlichen Hintergrund liegt. Nur wer sesshaft ist, kann Wein anbauen. Europäische Auswanderer haben später Weinreben nach Australien, Amerika und Südamerika ausgeführt. Die längere Tradition hat in jedem Fall Europa. Die größten Rebflächen in der EU sind in Spanien mit 975.000 Hektar und Frankreich mit 800.000 Hektar zu finden. Obwohl Spanien die größte Fläche bebaut, wird in Italien mehr Wein produziert. Das liegt vor allem am günstigeren Klima in Italien. Durch den Apennin verfügt das Land über Höhenlagen mit warmen, sonnenreichen Tagen und kühlen Nächten. Wo die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht groß sind, gedeihen frische Weine mit mehr Säure, je weiter man nach Süden kommt, desto kräftiger werden die Aromen. Die weltweit meist angebaut Rebsorte ist der Cabernet Sauvignon, gefolgt vom Merlot. Unser heimischer Lemberger rangiert auf Platz 43, der Trollinger ist auf der Liste, die auf 150 Sorten begrenzt ist, nicht mehr zu finden.“
Als dritte Probe wurde ein Rotwein gereicht. Laut Regine Jung hat er einen Restzuckeranteil von mehr als 50 %, dennoch ist der Wein nicht süß, sondern fruchtig und säurehaltig.
Die Erziehungsformen der Reben werden an die klimatischen Verhältnisse angepasst, in dem sie wachsen. In Deutschland häufig zu finden ist die Drahtanlage. Meistverwendet ist das Guyot System mit einem einfachen oder doppelten Bogen. Auf der Kykladeninsel Santorin werden die Reben auf dem Boden zu Kringeln geformt. Die Trauben wachsen im Inneren der Kringel und sind somit nicht dem starken Wind ausgesetzt.
Ein ausgesprochen interessantes und lehrreiches Weinkolleg geht mit der Auflösung der genossenen Weine zu Ende. Alle drei stammen aus Spanien: Der Cava kommt aus Katalonien, der Weißwein ist ein Verdejo aus Nordspanien und der Rotwein ist ein Tempranillo aus Valencia.
Text und Fotos: Ursula Körber
Tafeltraubenanbau als Gewerbe oder als Hobby?
Ein ganz besonderes „Weinkolleg“ konnten die Besucher der Vinothek am vergangenen Samstag genießen. Volker Lorenz, ein Mitglied der „Freunde der Vinothek“, hatte sich die Tafeltrauben für sein Referat vorgenommen, zumal er selbst seit genau 20 Jahren 18 verschiedene Tafeltraubenstöcke hegt und pflegt und dabei mindestens 12 verschiedene Sorten gepflanzt hat und erntet. Sehr anschaulich war für die Gäste der Tisch gedeckt mit mehreren blauen und weißen Traubensorten – wie beispielsweise Nero, Muscat bleu und Regent- aber auch selbst gebackenes Brot, eigenes Traubengelee konnte probiert werden. Auch einen Regent aus der Flasche, den 2016er Regent trocken, kredenzten die Vinothekare ihren Gästen.
So erfuhren die Kollegteilnehmer, dass der Tafeltraubenanbau in Deutschland schon vor mehr als 100 Jahren gepflegt wurde. 1841 beschreibt das Sächsische Rebsortiment erstaunliche Namen für Tafeltrauben wie z. B. Madeleine Violette oder Frühblauer Ungar. In unserer Region haben Wengerter, die Erwerbsweinbau betrieben, immer schon einzelne Tafeltraubenstöcke zwischen den Weinreben gehabt und wie beispielsweise in Hessigheim im Straßenverkauf vor dem Haus veräußert. Da vom Tafeltraubenanbau hier nicht gelebt werden kann, denn die ausländischen Sorten sind billiger- wenn auch nicht unbedingt besser- gibt es in unserer Region nur noch ca. 4-5 Anbauer, die gewerblich Tafeltrauben erzeugen. Zumal im gewerblichen Anbau sehr strenge rechtliche Voraussetzungen gelten. Volker Lorenz erläuterte seinen Zuhörern einige Vorschriften und Einschränkungen. Erstaunt waren die Zuhörer, dass aus den Tafeltrauben zwar Saft, Gelee, Balsamico-Essig oder Verjus hergestellt werden darf, nicht aber Traubenmost oder Federweißer. Die Kenner in der Vinothek waren sich aber auch einig, dass diese Trauben zu wenig Säure und kaum Tanine – da oft kernlos- haben, um gute und wohlschmeckende Weine daraus erzeugen zu können. Besonders erstaunlich ist aber, dass Traubenbranntwein daraus erzeugt werden darf, aber auch hier das Produkt aus Weintrester wesentlich wohlschmeckender sei.
Volker Lorenz besitzt das Herz eines Hobby-Tafeltraubenanbauers und vermittelte seinen Zuhörern dies auch mit viel Begeisterung und ausgeprägter Sachkenntnis. So war es kein Wunder, dass der einjährige Weinstock, den er im Topf zu Anschauung mitgebracht hatte, schnell einen Liebhaber gefunden hatte, der nun selbst seine „Kammerze“ am Hause hegen und pflegen möchte. Dieses vielen Bönnigheimern geläufige Wort für einen Hausstock hat seinen Namen vermutlich daher, dass auch in den oberen Kammern eines Hauses die Trauben aus dem Kammerfenster heraus in den Mund „gelesen“ werden konnte. Oder vielleicht doch auch, weil der alte, kräftige Weinstock zum Fensterln bis hinauf in die Kammern der Mägde geeignet war?
Dass das Interesse an diesem „Weinkolleg“ so groß war und die Heiterkeit nicht zu kurz kam, lag auch an dem kurzweiligen Vortrag von Volker Lorenz, bei dem sich Manfred Schmälzle als Vorsitzender der Freude der Vinothek mit anerkennenden Worten und alle Zuhörer mit viel Applaus bedankten.
Text und Fotos: Hannelore Tiedke
Um viel Neues und Interessantes über den Riesling aus terrassierten Steillagen zu erfahren, waren am vergangen Samstag etwa 30 Freunde der Vinothek und einige Gasthörer des Weinkollegs vor Ort zum Weingut Dautel in den Lauerweg nach Bönnigheim gekommen. Nach den freundlichen Begrüßungsworten des neuen Vorsitzenden der „Freunde der Vinothek“, Manfred Schmälzle, legte der Seniorchef des Weingutes, Ernst Dautel auch sofort los und beschenkte die aufmerksamen Zuhörer mehr als eineinhalb Stunden mit seinem profunden Wissen und seinen in vielen Jahren erworbenen Detailkenntnissen zu allen Fragen des Weinbaus.
Im Mittelpunkt stand diesmal der 2016er Wurmberg-Riesling aus den terrassierten Steillagen an der Mündung der Enz in Besigheim. Aber auch der Steillagen Riesling „Steingrüben“ von 2017 kam nicht zu kurz, war dieser doch im Juni unter über 2400 Rieslingen aus 14 Ländern der Welt zum besten Steillagenriesling ausgezeichnet worden. Herzlichen Glückwunsch aller Vinothekare Bönnigheims hierfür!
Vor 22Jahren hat Ernst Dautel diese Steillagen-Wengert schon erworben und seine Leidenschaft und seine Verantwortung für diese landschaftsprägenden Anlagen auch an seinen Sohn Christian weitergegeben, der diesen rassigen, schlanken Riesling Wurmberg, der inzwischen leuchtend klar in den Gläsern der Gäste funkelte, zu einem wunderschönen typischen Riesling mit feiner Säure und schöner Mineralität ausgebaut hat. Hier knüpfte Dautel auch sofort an und zeigte die Unterschiede zwischen diesem auf Muschelkalk gewachsenen Riesling im Gegensatz zu Rieslingen auf, die auf Schilfsandstein oder Gipskeuper wachsen. Ist letzterer Wein eher maskulin zu bezeichnen oder deutlich „fetter“ in seiner Ausprägung, wie Dautel formulierte, so bringt der Muschelkalk diese aus seiner Sicht eleganteste Variante der wichtigsten Weinsorte des Weingutes hervor. „Ein Wein, der ein hohes Alterungspotenzial hat, und keineswegs als `Primeur-Wein´ schon im ersten Jahr getrunken werden sollte“, so der Referent. Der Riesling habe eine ungeheuer große Bandbreite in seiner Erscheinungsform von super trocken, über die trockenen oder halbtrockenen Varianten und sich sogar für Eiswein eigene.
Der alte Rebenbestand am Wurmberg, hier wachsen Reben die bereits 70-80 Jahre alt sind, bedarf natürlich einer intensiven Pflege und ist ungeheuer arbeitsintensiv. Dautel spricht von 1200 Stunden Arbeit für die 75 Ar, was der vierfachen Zeit im Vergleich zur gleiche Fläche in einer eher flachen Weinanlage entspreche, in der nicht alles von Hand über die 175 Treppenstufen bei teilweise 35 Grad Celsius gemacht werden müsse. Dennoch seien die Lagen hervorragend für Weißweine geeignet. So erfuhren die Kollegteilnehmer auch von einer Grünveredlung eines Weinbergs, in dem bisher Merlot gestanden hatte. Hier wurde der alte Stock bis auf ein Auge abgesägt und dann das neue Chardonnay-Grünholz aufgepropft. Andere Wengert wurden ganz gerodet, lagen dann vier Jahre brach und wurden erst 2018 neu bepflanzt. So sind dies jetzt ebenfalls beste Böden für elegante Rieslinge, Chardonnays oder den Cabernet Blanc, denen die wärmespeichernden Trockenmauern, von denen 125 Meter neu aufgeschichtet wurden, außerordentlich gut bekommen. So wird eine Landschaft erhalten, die unsere Gegend prägt und kennzeichnet. Dass bei dieser intensiven Landschaftspflege und die Härte der Arbeit viel Idealismus gefragt ist und der Preis für diese Weine deutlich höher sein müsste, war allen Anwesenden klar und der Respekt der Zuhörer für diese Arbeit unserer Wengerter sowie die Wertschätzung für die tollen Weine wurde nochmals deutlich erhöht. Wenn man dann bedenkt, dass China in jedem Jahr so viel Rebfläche anlegt wie in ganz Deutschland vorhanden ist, macht man sich schon Gedanken, wie es in 30 oder gar 50 Jahren mit den Steillagen an Enz und Neckar bestellt sein möge. Aber: „Es wird noch lange Weingenießer geben“, so Ernst Dautel in seinen Schlussworten nach intensiven 90 Minuten, und diese Menschen, die Genießen können, seien auch für ihre Mitmenschen genießbar, weshalb es immer welche geben werde, die diese Kosten und Mühen auf sich nähmen um solche Weinkostbarkeiten zu erzeugen. Mit diesen Gedanke beschloss Ernst Dautel seine Ausführungen und dankte den Bönnigheimer Vinothekaren sehr wertschätzend für die nun mehr als 10jährige gute Zusammenarbeit und besonders den Initiatoren der ersten Stunde Werner Krapf, Hans-Joachim Jaeger und Fritz Wachter. Mit großem Applaus und dankenden Worten von Manfred Schmälzle verabschiedeten sich die Gäste für diese gelungene Fortbildung bei Ernst und Hannelore Dautel.
Text und Foto: Hannelore Tiedke
Samstag, 11. Mai 2019: Das, was getrunken wird, muss angebaut werden
Das Juni-Weinkolleg für die Vinothekare der Vinothek Bönnigheim fand dieses Mal in den Weinbergen statt. Der Treffpunkt bei der Schutzhüte Steingrübe war von der Vorsitzenden Regine Jung klug gewählt, da dicke Regenwolken sich mit der Sonne immer wieder ablösten und die gespannt lauschenden Zuhörer immer wieder einmal mit ein paar Tropfen von oben benetzten. Referent zu den Überlegungen der Winzer, welchen Wein sie wo und wann neu anpflanzen wollen war Lothar Neumann. Neumann, ein gelernter Winzer und dem an der Hochschule Geisenheim abgelegten Examen in Önologie ist in der Erwachsenenbildung als Dozent tätig für die Weinerlebnisführer aber auch Berater für Landwirte und Weinbauern vor Ort. Beschäftigt ist er beim Landratsamt Heilbronn im Landwirtschaftsamt.
Seinen Vortrag für die Vinothekare eröffnete er mit der Frage, welche Entscheidungskriterien ein Wengerter haben muss, wenn er einen Weinberg neu erwerben oder pachten möchte. Außer dem Bodenpreis- der laut Neumann in den letzten Jahren moderater geworden sei und der Bodenbeschaffenheit, sowie der Ausrichtung auf eine mögliche Süd-Westlage, sei die Steilheit des Weinbergs und damit die Bearbeitungsintensität ein Hauptkriterium. Wenn ein Weinbauer davon leben müsse, benötige er heute ca. 15 bis 20 Hektar, so Neumann.
Im weiteren Verlauf der Fortbildung für die Freunde der Vinothek ging Neumann auf die Sortenwahl, die Veredelungsmöglichkeiten und die vorbereitende Bodenbearbeitung einer Neuanlage ein. Es sei eigentlich ganz einfach: „Das, was der Verbraucher trinken möchte, muss angebaut werden“, so Neumanns scheinbar simple Philosophie. Jedoch wisse heute niemand, was den Weinkonsumenten in zehn oder 20 Jahren schmecken wird, schränkte er seine erste These gewaltig ein. Immerhin können gesunde Reben 50 oder mehr Jahre gute Erträge bringen und niemand wisse heute, welche Tendenzen im Konsumverhalten dann vorherrschten. An dieser Stelle bemängelte Neumann auch den von ihm so genannten „Discountismus“, der nicht nur für Geräte und Sportausstattungen, die nicht mehr in den kleinen Fachgeschäften erworben würden, sondern auch für die Sonderangebote für Wein beim Discounter gelte. Auch dies gehöre zu den Risiken, die unsere Winzer alle eingehen müssten, klärte der Referent auf.
Eine besondere Form der Neuanlage konnte Neumann den Vinothekaren direkt im Wengert zeigen. Hier ist eine ältere Muskatelleranlage radikal erneuert worden, indem eine andere Weinsorte auf die alten, abgesägten Weinstöcke gepfropft wurden. Diese Form der „Standortveredelung“ sei auch möglich, um auf einem Weißwein-Wengert nun Rotwein anzubauen. Besonders gut gelinge diese Form der Neuanlage in warmen Jahren, wie beispielsweise 2018 eines war.
Zu beachten sei wegen der Frostgefahr, dass spät reifende Sorten wie z.B. Trollinger oder Cabernet Sauvignon nie in Tallagen gepflanzt werden dürfen. Durch die gemeinsame Verkostung des Bioweines „Cabernet Blanc“- eine Piwi-(pilzwiderstandsfähige)Sorte von der WG Stromberg-Zabergäu angeregt, ging Neumann im Folgenden auf die Bodenbeschaffenheit und die vorbereitende Bearbeitung bei einer Neubepflanzung ein. Ein besonderes Problem seien Viren, die sich lange Jahre im Boden halten und von Nematoden in die Neupflanzen übertragen werden können. Da helfe oft nur eine dreijährige Brache und ein drei Spaten tiefes so genanntes „Rigolen“ bei tiefen Bodenverdichtungen. Diese sehr mühsame Umgrabe-Technik sollte dann von einer Gründung-Bepflanzung, z. B. Lupinen unterstützt werden, um zu verhindern, dass der Stickstoff während der Brache ausgewaschen wird.
In einem letzten Gedankengang zeigte Neumann seinen Zuhörerinnen und Zuhörern die Möglichkeiten der Crispr-Cas9-Methode auf, bei der im Pflanzen-Gen durch Herausschneiden von pilzanfälligen Bestandteilen und das Einsetzen von pilzresistenten Genteilen, neue Rebpflanzen entstehen könnten. Neumann dachte dabei z. B. an einen Piwi-Riesling. Dies könnte dazu führen, dass viel weniger Pflanzenschutzmittel im Weinbau eingesetzt werden müssten. Eine gezielte Erbgutveränderung werde jedoch weltweit sehr kontrovers diskutiert und der Europäische Gerichtshof hat 2018 das weitere Anbauen gentechnisch veränderter (GV) Pflanzen in Deutschland verboten. Dadurch sei natürlich auch das Weiterforschen an dieser Genschere bei uns deutlich eingeschränkt und die Möglichkeit des Reduzierens der Pflanzenschutzmittel im Vergleich zu anderen Nationen wie beispielsweise den USA nicht möglich. Da allerdings auch die Freunde der Vinothek diese „Büchse der Pandora“ nicht weiter öffnen wollten und vom Michaelsberg dicke grauschwarze Wolken ein Unwetter ankündigten, verabschiedeten sich die Vinothekare nach gut zwei Stunden hochqualifizierter Information mit großem Applaus und einer guten Flasche Rotwein von Lothar Neumann.
Text und Fotos: Hannelore Tiedke
Samstag, 6. April 2019
Mit Rolf Häusser, einem Weinproduzenten des Ökologischen Weinbaus der ersten Stunde und Mitglied der „Freunde der Vinothek“, konnte die Vorsitzende der Vinothek Bönnigheim, Regine Jung, erneut einen hochqualifizierten Referenten für das monatliche Weinkolleg gewinnen. Sein Thema, „Der ökologische Weinbau“, fand großen Anklang bei den Vinothekaren und Gästen, zumal drei verschiedene Bioweine zur Verkostung anstanden. Zunächst schimmerte der 17er Riesling „N“ in den Gläsern. Das „N“ steht für einen Naturwein, der von der WG Stromberg-Zabergäu im Jahr 2012 erstmals ausgebaut wurde. Hier erläuterte Rolf Häusser die Besonderheiten, die bei den Bioweinen beim Ausbau zum Tragen kommen. Handernte nur äußerst gesunder Trauben, kurze Maischestandzeit und ab dem Moststadium wird der Wein durch kontrolliertes „Nichtstun“ gepflegt. Der Most vergärt also nur durch Hefen, die aus dem Weinberg mitgebracht werden, diese sind auch als „Wildhefen“ bekannt. Da diese Hefen den Fruchtzucker nicht so leicht zu Alkohol umbauen können, geht die Gärung sehr langsam vor sich, kann bis Mitte Januar andauern, wenn im Oktober geerntet wurde. Nach dem Verkosten war man sich in der Kollegrunde einig: die fruchtige Aromatik nach reifem Apfel und einem Hauch Pfirsich, die Mineralik des Keuperbodens und die fein eingebundenen Süße in eine harmonische Säure haben einen Bio-Riesling in die Gläser gezaubert, der ganz einfach überzeugt.
Im weiteren Verlauf des Kollegs ging Rolf Häusser auf die europäischen Öko-Richtlinen für die Erzeugung von Öko-Trauben ein. Es dürfen keine leicht löslichen Düngemittel, keine chemischen Pflanzenschutzmittel und keine Herbizide im Weinberg eingesetzt werden. Seit 2008 gibt es auch Richtlinien für die Kellerwirtschaft. Dies alles wird äußerst streng kontrolliert – auch unangekündigt, wie Häusser selbst immer wieder erfahren hat. Für das Gelingen dieser Bioweine wird sehr stark auf geschlossenen Betriebsabläufe, den Schutz der natürlichen Ressourcen, sowie die Stärkung der Pflanzen geachtet. Außerdem liegt das Augenmerk auf Biodiversität und Klimaschutz. Mittel hierzu sind: Gründüngung, Brache-Begrünung, behutsame Bodenbearbeitung und die Stärkung der Reben zur Gesunderhaltung.
Eine besondere Beachtung legte Häusser in seinem Referat auf die Züchtung der so genannten „PiWi“-Sorten. Diese Resistenzüchtungen gegen Pilze und ihre Widerstandfähigkeit gegen verschiedene Schädlingsgene sind für den ökologischen Weinbau unverzichtbar. Wenn man allerdings weiß, dass dieser Prozess im Schnitt 18 Jahre dauert, ist erkennbar, dass es zur Zeit noch zu wenige Rebsorten für unsere Böden und Klimabedingungen gibt. Besonders fehlen spät reifende Sorten. Rolf Häusser kredenzte seinen Gästen einen 18er Cabernet Blanc, der neben den Sorten Regent, Muskaris, Johanniter und Solaris in der Region angebaut wird. In Bönnigheim hat sich der Cabernet Blanc durchgesetzt. Er hat eine Ähnlichkeit mit dem Sauvignon Blanc, besticht durch feine grüne Aromen und ist ein sehr mundiger, frischer Sommerwein, auf den sich alle Weinliebhaber schon für die beginnende Spargelzeit und die lauen Sommerabende freuen können.
Von Häusser erfuhren die Zuhörer, dass nur 4% der Rebfläche für ökologischen Weinbau verwendet wird und rund die Hälfte der Ökowengerter in einem Verband organisiert sind. Die bekanntesten sind Ecovin, Naturland, Bioland und seit ca. 20 Jahren auch der Demeter-Verband. „Alle haben sich nahezu die gleichen Richtlinien gegeben“, so Häusser weiter „und diese sind alle strenger als die EU-Richtlinien.“
In sehr lebhafter Diskussion beantwortete der Referent die vielen Fragen der äußerst interessierten Zuhörer. Zur Düngung können beispielweise Hornmehl oder andere organische Stoffe eingesetzt werden, im Pflanzenschutz bieten sich pflanzliche Öle wie Raps- und Orangenöl oder auch Backpulver an. Jedoch sei in begrenzter Menge auch Kupfer notwendig. Allerdings trage der Öko-Weinbauer, besonders in nassen Sommern immer das Risiko, dass die Ernteausfälle durch Fäulnis und Pilzbefall auch ruinös für den Betrieb sein können. „Da hilft dann auch kein Mondkalender“, wie eine Zuhörerin anmerkte.
Nach abschließender Darlegung was in der Weinverarbeitung alles zulässig und was alles verboten ist, probierten die Weinkollegianer nach diesem gehaltvollen Vortrag am Ende noch den Öko-Lemberger trocken von 2016 und kamen zum Schluss, dass dieser Bio-Wein mit seinen konventionell erzeugten Brüdern absolut mithalten kann, manche gar übertrifft. Mit sehr wertschätzendem Applaus bedankten sich die Vorsitzende der Freunde der Vinothek, die Vinothekare und die Gäste bei Rolf Häusser für diese gelungene Fortbildungsveranstaltung.
Text und Fotos: Hannelore Tiedke
15 Jungweine des Jahrgangs 2018 und einen Winzersekt probiert
Zur ersten Jungweinprobe hatte Heinz Kölle jun. die Vinothekare und Vinothekarinnen der Bönnigheimer Vinothek eingeladen und dabei auch die Studentin des Hauses, seine Tochter, als Assistentin mitgebracht. Svenja Kölle studiert im dritten Semester Weinbau und Önologie an der Hochschule Geisenheim im Hessischen Rheingau. Sie hat nach Abschluss ihrer Praktika in Baden Württemberg und in Franken in diesem Jahr ihre erste eigene Weißweincuvée für die elterliche Weinkellerei kreiert.
Doch zunächst wurden die Gäste mit einem 18er Rohsekt „brut natur“ empfangen. Der in der Flasche vergorene Lemberger Weißherbst Winzersekt enthält noch den trüben Hefesatz, d.h. er ist noch nicht degorgiert. Jedoch präsentiert er sich schon jetzt in einem leuchtenden Himbeer-Roséton und einer ausgesprochen feinen geschmacklichen Komplexität mit feinsten Moussierperlen, was bei allen Gästen ein anerkennend zustimmendes Nicken auslöste. Dermaßen eingestimmt konnte nun die eigentliche Weinprobe der insgesamt 15 Jungweine beginnen. Neun Weißweine und sechs rote Sorten zeigten den fachkundigen Verkostern die Besonderheiten und die Qualität des Hochsommerjahrgangs 2018.
In den angeregten Diskussionen und anerkennenden Bewertungen wurde die schon jetzt erkennbare erstaunliche Reife der noch in den Fässern lagernden Weine, die zum Teil nochmals filtriert werden, hervorgehoben. Ein Merkmal dieses Jahrgangs sind die hohen Alkoholwerte – auch der Weißweinsorten. Erstaunliche Oechslegrade bei der Lese, die oft nur in den frühen Morgenstunden durchgeführt werden konnte, haben ein Lesegut aus vollreifen Trauben in die Keller beschert. So konnte die von Svenja Kölle entwickelte Cuvée aus 50 Jahre alten Grauburgunder-Rebstöcken nur durch die Vermischung mit einem leichteren Weißburgunder von den ursprünglich 16% vol. Alkohol etwas „heruntergetunt“ werden. Die bereits von der Jungwinzerin sehr stark reduzierten Grauburgundertrauben hatten nämlich durch den Hagelschlag im Juli eine weitere Ertragsminderung erfahren, so dass bei der Ernte nahezu utopische Oechslewerte gemessen wurden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass nach den Möglichkeiten des Alkoholentzugs bei Weinen beim Kellermeister nachgefragt wurde. Fachkundig erklärte Heinz Kölle die verschiedenen Methoden, wie beispielsweise die der Vacuumverdampfung den wissensdurstigen Vinothekaren, die dann jedoch die Möglichkeit jedes Weintrinkers erwähnten, einfach die entsprechende Wassermenge zu jedem Glas Wein zu trinken.
Besondere Anerkennung fanden bei den Gästen die trockenen Weine des Hauses Kölle, von denen einige noch eine längere Reifezeit in den Holzfässern gut vertragen können, bevor sie auf Flaschen gezogen in den Verkauf gelangen werden. Regine Jung, die Vorsitzende der Vinothek, bedankte sich nach mehr als drei Stunden beim Gastgeber für die wertschätzende Zusammenarbeit mit den „Freuden der Vinothek“, die großzügige Gastfreundschaft und die kompetent vorgetragenen und lehrreichen Informationen, die die Vinothekare ein weiteres Mal erfahren durften.
Hannelore Tiedke
Weitere Informationen
Vinothek am Schloss
Schlossstraße 35
74357 Bönnigheim
Tel. 07143-830759
Öffnungszeiten
Sa. und So. 13 - 17 Uhr
und nach Absprache