Bereits vor der Gründung weckt die Pflege-WG in der Schillerstraße schon jetzt großes Interesse unter den Kirchheimer Bürgerinnen und Bürgern. Beim Ortsgespräch vom Dienstag der vergangenen Woche konnten sie die neuen Räumlichkeiten im Anna-Riecker-Haus nach einem Einführungsvortrag schon mal in Augenschein nehmen. Bürgermeister Uwe Seibold freute sich über die zahlreichen Besucherinnen und Besucher. Mit dem Angebot einer Pflege-WG könne die Gemeinde ihr bisheriges Portfolio erweitern. Neben dem Pflegeheim Haus am Mühlbach neben dem Rathaus gäbe es dann alternativ dazu auch eine selbstverwaltete Pflege-WG für bis zu zwölf pflegebedürftige Bewohnerinnen und Bewohnern, meinte Seibold bei seiner Begrüßung. Seibold sah darin einen „Ort des Miteinanders“ und ein „spannendes Projekt“, das große Chancen für Kirchheim biete.
Michael Szymczak aus Freiburg berichtete über einige Details und Besonderheiten einer Pflege-WG. Szymczak verfügt im betreffenden Bereich über einen reichen Erfahrungsschatz. Er hat im Raum Freiburg schon einige Pflege-WGs gegründet und erläuterte letzte Woche, welche Vorteile die Form einer Pflege-WG bietet. Entscheidend sei die Selbstverantwortung der MitbewohnerInnen und deren Angehörigen, so Szymczak.
Sobald die Seniorinnen und Senioren eingezogen sind, bilden sie ein Bewohnergremium, in dem selbstbestimmte Entscheidungen zu allen wichtigen Fragen getroffen werden. Nicht nur zu Fragen der Haushaltsführung, sondern auch im Blick auf das Gemeinschaftsleben oder auch zur Gestaltung der gemeinschaftlich genutzten Räume. Aber auch die Beauftragung eines Pflegedienstes oder die Entscheidung über die Neuaufnahme von Bewohnerinnen und Bewohnern fällt in die Kompetenz des Bewohnergremiums.
Ihr Einzelzimmer staffieren die Bewohnerinnen und Bewohner jeweils ausschließlich mit ihren eigenen Möbeln aus, damit sie sich dort auch richtig wohlfühlen können. Es gibt sechs barrierefreie Bäder mit bodengleichen Duschen und WCs sowie zusätzliche WCs für die Bewohnerinnen und Bewohner der Pflege-WG. Den Mittelpunkt des täglichen Zusammenlebens bildet der zentrale Wohn- und Essbereich mit der Küche. In der Küche können gleichzeitig mehrere Personen tätig sein.
Darüber hinaus existieren zwei gemeinschaftliche Aufenthaltsbereiche. Die Seniorinnen und Senioren können aber auch auf die Terrasse gehen oder sich im Gemüsegarten betätigen. Im Obergeschoss befinden sich eine Allgemeinarzt- und eine Zahnarzt-Praxis. So sind die Bewohnerinnen und Bewohner stets schnell und gut versorgt und haben im Übrigen kurze Wege zu den Geschäften in der Schillerstraße.
In der Pflege-WG sieht Szymczak kein klassisches Pflegeheim und auch keine Form des betreuten Wohnens. Es handele sich dabei vielmehr um eine selbstverwaltete Wohngemeinschaft. Die Bewohnerinnen und Bewohner führten zwar ein individuelles Eigenleben, würden aber rund um die Uhr von professionellen Assistenzkräften in ihrem Alltag begleitet, führte Szymczak aus. In Absprache mit der Gemeinde teilte der Experte mit, dass die Warmmiete für eines der zwölf Einzelzimmer künftig 500 Euro beträgt. Vom Preisniveau befände sich eine solche Pflege-WG an der unteren Grenze einer üblichen Pflegeeinrichtung. Den individuellen Eigenanteil bezifferte er bei einer zusätzlichen Inanspruchnahme von Pflegeleistungen auf rund 3.300 Euro.
Szymczak will als Ansprechpartner fungieren, stellte indes klar, dass er auch noch andere Pflege-WGs im Land weiterhin betreuen will und deshalb nicht die ganze Zeit in Kirchheim sein könne. Die Betreiber der künftigen Pflege-WG legen Wert auf die ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe und die Mitwirkung von Angehörigen im Alltag. Die Angehörigen seien stets „gern gesehene Gäste“ in der Schillerstraße, erklärte Szymczak.
Im Anschluss an den Vortrag des Freiburgers konnten die Besucherinnen und Besucher beim Ortsgespräch noch Fragen stellen. Dies nutzten viele und untermauerten damit ihr Interesse an der Pflege-WG. Wenn noch nicht alle der zwölf Zimmer bewohnt seien, werde erstmal mit einem kleineren Personalstamm gearbeitet, antwortete Szymczak einem Besucher. Im künftigen Bewohner-Gremium würden auch Angehörige vertreten sein, wenn die Seniorinnen und Senioren selbst nicht mehr dazu in der Lage seien, lautete eine weitere Antwort.
Seibold teilte mit, in den nächsten Monaten werde die Gemeinde nun nach künftigen Bewohnerinnen und Bewohner Ausschau halten. „Wir sitzen in den Startlöchern“, meinte Seibold. Drei bis vier WG-Bewohner müssten es schon sein, um ein Bewohner-Gremium bilden zu können. Am 1. August solle die Pflege-WG gegründet werden. Laut Andrea Fritz gibt es bereits genügend Interessenten. Sie müssten sich jetzt nur noch verbindlich anmelden, bemerkte Fritz.